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    Vergleich mit Nachbarländern – Schweiz hat bei neuen Elektroautos die Nase vorn | Basler Zeitung
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    Posvátná neutralita měkne. Švýcaři už se nechtějí izolovat - Seznam Zprávy
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    Tenhle pozoruhodnej text by imho nemel zapadnout, tematizuje vztah zapadni a vychodoevropsky kultury ale i obecne existence. Akorat je teda dlouhej a za paywall, takze ho postnu nadvakrat:

    AboVon «Prag 68» zum Ukrainekrieg
    Der ignorante Westen oder Was ich auf meinen Reisen durch Osteuropa gelernt habe
    Mit dem Widerstand der Ukraine hat Putin nicht gerechnet, doch auf unsere Gleichgültigkeit konnte er zählen. Eine persönliche Rückschau auf Osteuropas harten Weg zur Freiheit.
    Peter Haffner (Das Magazin)
    Aktualisiert am 16. Juli 2022 um 11:52 Uhr

    Orange Revolution: 2004 gingen Ukrainerinnen und Ukrainer für faire Wahlen auf die Strasse. Deutschland plante derweil mit Russland die Pipeline Nord Stream 1.
    Foto: Joe Klamar/AFP
    I. Kleiner Grenzverkehr
    Irena hatte mich vom Flughafen abgeholt. Achtzigjährig hatte sie hinter dem Steuer ihres Opel Corsa gesessen und war durch den Stadtverkehr von Warschau gerast, ein Fläschchen Cognac in der Linken, das sie wiederholt zu einem Schluck ansetzte.

    «Eben habe ich den Keller aufgeräumt», sagte sie. «Und weisst du, was mir in die Hände fiel? Eine Flasche Putzmittel von Johnson, mit einem kleinen Rest drin.»

    «Was du nicht sagst», sagte ich, mich am Türgriff festklammernd.

    «Diese Flasche hat mir 1983, zur Zeit des Kriegszustandes, eine Freundin aus dem Westen mitgebracht. Damit habe ich die Badewanne geputzt und darauf geachtet, so wenig wie möglich zu verbrauchen. Mit unseren Mitteln kriegtest du ja nichts sauber.»

    Die Ampel stand auf Rot, Irena steckte sich eine Zigarette an. «Über Jahre habe ich eine Flasche Badewannenputzmittel wie ein Heiligtum behandelt. Wie weit kann ein Regime einen Menschen bringen, dass er beginnt, ein Putzmittel zu verehren? Ist das nicht der Gipfel der Entwürdigung?»

    Es war zur Zeit der Orangen Revolution in der Ukraine, und Irena fieberte mit, dass die Bürger, wie sie in Polen 1989, das Joch der Russen abschütteln werden. Der Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen 2004 war der Auslöser zum Protest von Millionen auf dem Maidan. Im Donbass hatte die Wahlbeteiligung über hundert Prozent betragen; das Stimmvieh des Ministerpräsidenten Wiktor Janukowitsch war in Bussen von einem Wahllokal zum anderen gekarrt worden, mit «Keksen», in Russland gefälschten Wahlzetteln.

    ***

    Immer wieder ist die Ukraine mit Polen verglichen worden, dem Nachbarland, das an der Spitze der Freiheitsbewegung von 1989 stand. Nur von den Polen fühlen sich die Ukrainer verstanden, was bemerkenswert ist angesichts der einst blutigen Kämpfe zwischen den beiden Völkern. Ein Blick auf die Geschichte der Mittelmacht Deutschland im Westen und ihr Pendant Polen im Osten erhellt, weshalb Putin die Ukraine angegriffen hat.

    Ich reiste mit einem «Elbsegler» auf dem Kopf, einer deutschen Mütze. In Polen riefen mir die Kinder «Helmut!» zu…
    Als ich mich Mitte der Neunzigerjahre auf eine Reise entlang der deutsch-polnischen Grenze machte, waren meine Polnischkenntnisse nicht überragend, doch ich fragte nicht mehr jemanden auf der Strasse: «Wo bitte gehts zum Mond?», wenn ich zum Bahnhof wollte, weil ich ksiezyc mit dworzec verwechselte. Auch der entgeisterte Blick des Zimmermädchens im Hotel, als ich hatte wissen wollen, wo ich meine Kirche waschen könne, gehörte der Erinnerung an; jetzt wusste ich koszula für «Hemd» von kosciol für «Kirche» zu unterscheiden.

    Ich reiste mit leichtem Gepäck, einen «Elbsegler» auf dem Kopf, die deutsche Mütze, die Unkundige mit der sogenannten Helmut-Schmidt-Mütze verwechseln. In Polen riefen mir die Kinder «Helmut!» zu, so dass ich in Zgorzelec bei einem Mützenmacher eine weisse Leinenmütze kaufte, sie aufsetzte und aus dem Laden trat – wo Kinder auf dem Gehsteig hockten, mit Kreidestein «Himmel und Hölle» malten und mich fröhlich grüssten: «Helmut!»

    Der kleine Grenzverkehr florierte. Auf der polnischen Seite schossen Basare, Kneipen und Friseursalons aus dem Boden. Miederwaren und Gartenzwerge, Zippo-Feuerzeuge mit Hakenkreuz und Anstecknadeln mit SS-Runen lagen auf den Tischen neben CDs von Rassistenbands wie den «Zillertaler Türkenjägern» und «Sieg Heil Viktoria».

    Die Köpfe von grimmigen Landsern mit Kinnladen zum Zerbeissen von Stahl zierten die Covers der Alben; frei erhältlich in dem Land, in dem ebensolche Landser gemordet und gebrandschatzt hatten, soviel sie nur konnten. Am Ufer der Oder warteten Kolonnen von Taxis auf Kunden für Bordelle mit Namen wie «Pigalle» oder «Moulin Rouge»; die Frauen stammten aus der Ukraine.

    …ich kaufte mir, um nicht mehr «Helmut» gerufen zu werden, einen Hut aus Kaninchenhaar. Kaum war ich in Polen, rief ein Junge: «Hey, Indiana Jones!»
    Ich hatte das Karl-Liebknecht-Gymnasium in Frankfurt an der Oder besucht; die erste Schule, die Schüler aus Polen aufnahm. Jenen Ausdruck von Neugier und Überdruss im Gesicht, den Siebzehnjährige so unnachahmlich draufhaben, war die Klasse freudig überrascht, als ich sie auf Polnisch begrüsste.

    Die Begegnung mit Deutschland, sagten die Schülerinnen, sei ein Schock gewesen. «Die Deutschen wollten nicht mit uns sprechen, und wir wollten alle wieder weg!», sagte Agnieszka, die Wortführerin. «Nie kommen sie auf einen zu, man ist selten bei ihnen zu Hause eingeladen – bei uns in Polen wäre das anders!» Ihre beste Freundin sei Deutsche, sagte sie, doch das Gefühl, nicht willkommen zu sein, sei geblieben. «Wenn ich in einem Laden Polnisch rede, schaut die Verkäuferin auf meine Hände, als wäre ich gekommen, um zu klauen.»

    Auf der deutschen Seite des Flusses war wenig los. Den Hutwerken in Guben, einem Traditionsunternehmen, stand wie vielen Firmen der einstigen DDR das Wasser am Hals. Eine Geldsammlung war im Sand verlaufen, Investoren waren nicht in Sicht.

    Ich kaufte mir, um nicht mehr «Helmut» gerufen zu werden, einen Hut aus Kaninchenhaar, eines der letzten Stücke im Regal. Er machte sich bezahlt – kaum war ich über der Brücke in Polen, rief ein Junge, der sich an einer Hausecke mit Kumpeln im Rauchen übte: «Hey, Indiana Jones!»

    II. Fürchtet euch nicht
    So ganz falsch war das nicht. Polen war ein Land der Abenteuer, eine Terra incognita für Westler, in der es kaum Touristen gab. Es war in dieser Zeit, als ich und meine damalige Frau, eine Polin, bei einem befreundeten Schweizer Paar eingeladen waren. Der Abend war abwechslungsreich, mittendrin erbrach sich ihr Kleinkind über dem Esstisch, was dem anregenden Gespräch keinen Abbruch tat.

    Sie wollten wissen, wie es uns in Polen so geht, und er, ein Historiker, war peinlich berührt, als seine Frau, ebenfalls mit Hochschulabschluss, bekannte, sie wisse nicht, wo Polen liege und an welche Länder es grenze.

    Für den Westen ist 1968 das Jahr der Studentenrevolte, der freien Liebe und der Frauenemanzipation. Für den Osten steht das Jahr für russische Panzer in Prag.
    Bis heute sind der Westen und Osten Europas getrennt, nicht zuletzt aufgrund der Zeitenwende von 1968. Für den Westen ist es das Jahr der Studentenrevolte, der Befreiung vom Mief der Sechzigerjahre, dem Protest gegen den Vietnamkrieg, der freien Liebe und der Frauenemanzipation.

    Für den Osten steht dasselbe Jahr für russische Panzer in Prag, die Niederschlagung des Prager Frühlings, der Reformen von Alexander Dubcek, des Generalsekretärs der tschechoslowakischen Kommunisten, der das Volk hinter sich hatte.

    Wer im Westen in Freiheit lebt, hat keine Vorstellung davon, was es heisst, Feinde zu haben. Die Furcht vor den Russen ist nicht nur uns Schweizern so fremd, dass Putins Angriffskrieg wie ein Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen hat.


    Der Prager Frühling: Die Demonstrationen für einen menschlicheren Sozialismus wurden im August 1968 von den Sowjets brutal niedergeschlagen.
    Bild:Imagno/Getty Images
    ***

    Als ich im Sommer 1993 einen Sprachkurs an der Uni Krakau absolvierte, dämmerte mir, wie wenig sich Westler um die Erfahrungen der Völker des Ostens scheren. In der Klasse waren junge Frauen und Männer aus dem Baltikum und der Ukraine; ein österreichischer Student, ein deutscher Banker und ich waren die Einzigen aus dem Westen.

    «Schindlers Liste», der in Krakau gedrehte Film von Steven Spielberg, war eben ins Kino gekommen. Als Janina, die Konversationslehrerin, fragte, was wir davon halten würden, streckte ich als Einziger auf, da niemand sonst ihn gesehen hatte. Ich radebrechte auf Polnisch, ich fände ihn gut, weil er zeige, dass jemand Widerstand leistet und die viel beschworene Ohnmacht widerlegt, man hätte gegen die Nazis ja nichts tun können.

    Janina, eine schüchterne Person, lief rot an und stiess hervor, ihr gefalle der Film nicht, es sei immer dasselbe, wenn es um Polen gehe, Juden und Deutsche und sonst nichts und niemand. Ich dachte, da ist er jetzt, der polnische Antisemitismus.

    Als ich sie hernach besuchte zur wöchentlichen Privatstunde, kam sie auf das Thema zurück. Ihr Mann war Jude, von Beruf Psychiater, und sie beide engagierten sich seit Jahren, Spuren der jüdischen Kultur in Krakau zu suchen und den Einwohnern bewusst zu machen, was verloren gegangen war mit der Auslöschung der einstigen Mitbürger. Ihr Zorn hatte weniger mit Spielbergs Film zu tun als mit der Tatsache, dass das Leid und die Opfer der Polen im Krieg niemanden interessierten.

    ***

    Kaum einer meiner deutschen Freunde ist je in Polen gewesen, eine Zugstunde von Berlin entfernt. Diejenigen, die es waren, empörten sich gern über den polnischen Patriotismus und die Macht der katholischen Kirche.

    Dass ein Volk, dessen adlige Frauen hundertfünfundzwanzig Jahre nur Schwarz getragen haben zur Trauer, dass es Polen nicht mehr gab, nachdem Russland, Preussen und Österreich das Land unter sich aufgeteilt hatten, nahmen sie – gebildet aber geschichtsvergessen – nicht wahr. Ebenso nicht, dass es damals und später während der kommunistischen Diktatur die katholische Kirche gewesen ist, die die Fackel der Freiheit hochgehalten hat.

    Während sich die westliche Elite der Linken mit der Teilung Europas arrangiert hatte, mochten sich der polnische Papst Johannes Paul II. und der amerikanische Präsident Ronald Reagan nicht damit abfinden. Sie unterstützten den Führer der Opposition Lech Walesa, die engagierten Intellektuellen und die streikenden Arbeiter tatkräftig in ihren Befreiungskampf mit eingeschmuggelten Schreibmaschinen, Fotokopierern und Druckern.

    Als der Papst auf seiner Pilgerreise 1979 vor Millionen von Polen predigte, war sein erster Satz: «Fürchtet euch nicht.» Es war der Aufruf zum zivilen Ungehorsam, der Auftakt zur Gründung der illegalen Gewerkschaft Solidarnosc, die innert zwei Wochen zehn Millionen Mitglieder zählte, die der Herrschaft der Kommunisten ein Ende setzen wollten, unbeeindruckt vom drohenden Einmarsch der Russen.

    Am 13. Dezember 1981 wurde der Kriegszustand über das Land verhängt, zehntausend Gewerkschaftsmitglieder wurden interniert, Hunderte des Verrats, der Subversion und der Konterrevolution angeklagt. Es war der Papst, der seinen Landsleuten Mut machte durchzuhalten, den Skandal der Unfreiheit nicht hinzunehmen und Gut und Böse beim Namen zu nennen.


    Aufruf zum zivilen Ungehorsam gegen die kommunistische Diktatur: Der polnische Papst Johannes Paul II. auf Heimatbesuch 1979.
    Foto: Bogdan Rozyc/PAP/Alamy
    Die Polen haben gewusst, was das «Reich des Bösen» ist, von dem Ronald Reagan redete, der im selben Jahr ins Weisse Haus gewählt worden war. Was Reagan am 12. Juni 1987 in Berlin vor dem Brandenburger Tor sagte, wurde im Osten mit Begeisterung und im Westen mit Bestürzung aufgenommen: «Herr Gorbatschow, reissen Sie diese Mauer nieder!»

    Er beliess es nicht dabei, sondern setzte sich mit dem russischen Amtskollegen zusammen, dem er vertraute, im Gegensatz zu seinen engsten Beratern wie Dick Cheney; Gorbatschows Reformkurs von «Glasnost» und «Perestroika», erkannte Reagan, war kein Täuschungsmanöver.

    Nicht nur Laien sind geschichtsvergessen. Es spricht Bände, dass es bis 1996 kein Werk eines bedeutenden westlichen Historikers gab, der eine Geschichte Europas unter Einschluss des Ostens vorgelegt hätte. Europäische Geschichte befasste sich bis dahin mit dem vertrauten, fortschrittlichen Westeuropa und blendete den «rückschrittlichen» Osten aus. Mit seinem Monumentalwerk «Europe. A History» hat der britische Historiker Norman Davies Neuland betreten und erstmals den ganzen Kontinent in den Blick genommen.

    Wie die Lektüre von Büchern Wissen verschafft, dank dem man die Welt aus einer neuen Perspektive sieht, sieht man nach Reisen in fremde Länder die eigene Heimat mit neuen Augen. Garantiert ist dies selbst bei den reisefreudigen Schweizern nicht, die es für selbstverständlich halten, in Freiheit in einem Rechtsstaat zu leben, und dabei ignorieren, wie krass der Unterschied ist zur Willkürherrschaft anderswo.

    III. Nach Osten
    Während fünf Jahren war ich der Oder und der Neisse entlang gereist, der Grenze, die das Tor zu einem Osten war, den kaum ein Westler kannte. Ich war ein Exot, aber überall willkommen; in Polen, weil ich Polnisch sprach, in Ostdeutschland, weil ich Schweizer und kein «Wessi», kein verhasster Westdeutscher war.

    Ich hatte vor, als Nächstes Polens Ostgrenze zur Ukraine zu erkunden, verbrachte indes zehn Jahre in Amerika und verschob den Plan. Im Spätherbst 2013, als hellsichtige Köpfe erkannten, dass die Ukraine der geopolitische Brennpunkt Europas werden würde, beschloss ich, das Land zu erkunden, von dem kaum jemand mehr wusste, als dass Tschernobyl der Ort der Nuklearkatastrophe war. Als der Schalterbeamte am Spandauer Bahnhof in Berlin das Ticket zur Fahrt in die Ukraine über den Tresen schob, meinte er leutselig: «Nehmen sie genug Kondome mit!»

    Ich hatte Bücher über Geschichte, Land, Leute und Kultur gelesen, Kontakte geknüpft und kam im Februar 2014 in Lwiw an, als die Schergen von Präsident Janukowitsch auf dem Maidan in Kyjiw ein Blutbad anrichteten. Als der Autokrat sich nach Russland absetzte, machten Gerüchte die Runde, die Russen streckten ihre Finger nach der Krim aus.

    Mein Plan, gemächlich von West nach Ost zu reisen, hatte sich zerschlagen. Ich nahm den letzten Flug nach Simferopol, die Maschine voller Journalisten und TV-Crews mit Kameras, Stativen und Leuchten. Per Bus fuhr ich nach Sewastopol, dem Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel. Am Wachposten flatterte die russische Fahne, vier Typen in Tarnanzügen durchsuchten die Gepäckablagen.

    ***

    Tage zuvor hatte ich mich in Kyjiw mit einer jungen Historikerin getroffen. Kateryna war eine zurückhaltende Person, die ihre Worte sorgfältig wählte, unterlegt mit feiner Ironie. «Die Ukraine ist der Phantomschmerz Russlands», sagte sie lächelnd in dem Café, wo es nach Kuchen roch und nicht nach Krieg wie ein paar Strassen weiter auf dem Maidan.

    Kyjiw, die «Mutter der russischen Städte», sei den Zaren seit dem 17. Jahrhundert der Vorwand zur «Sammlung der russischen Länder» gewesen, der Eingliederung der Ukraine in ihr Reich. Putin sollte noch eins draufsetzen, als er nach der Annexion der Krim sagte, Russland und die Ukraine seien «eine Nation». In absehbarer Zukunft, fürchtete Kateryna, würde der neue Zar sich alles holen.

    IV. Dreiundsechzig Tage
    Dass es nicht nur die Unkenntnis ist, die Westler von Ostlern trennt, erlebte ich an einem Sonntagnachmittag bei Irena, die sich so empört hatte, eine Flasche westliches Putzmittel zum Kultgegenstand erhoben zu haben. Sie lud jeden Sonntag zu einem Salon in ihrem Haus in Warschau. Bei einer Flasche Wodka, Häppchen von Heringen, Tee, Kaffee und Kuchen trafen sich Schriftsteller und Wissenschaftler, junge Poeten und gestandene Theaterleute.

    Helga, eine deutsche Journalistin, die bei ihr ein Zimmer hatte, war oft dabei, einmal mit ihrem Freund. Sie fragte Irenas Bruder Janek, ob er als Kameramann mitmache bei einem Film, den sie drehen wollte. Als sie dessen zustimmende Antwort ihrem Freund übersetzte, fragte der süffisant, ob dieser Janek schon einmal eine Kamera in der Hand gehabt habe. Janek, 65-jährig, war ein in Polen berühmter Filmemacher, und Helgas Freund war Joachim Gauck, der spätere Bundespräsident und damalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, die «Gauck-Behörde».

    Zwischen Kaiser Otto III. und Richard von Weizsäcker, während tausend Jahren, hat kein deutsches Staatsoberhaupt Polen eines Besuchs für würdig erachtet.
    Er, der aus der DDR kam, war nicht der Einzige, für den die Polen und die nicht deutschen Osteuropäer Hinterwäldler waren. Zwischen Kaiser Otto III. und Richard von Weizsäcker, während tausend Jahren, hat kein deutsches Staatsoberhaupt Polen eines Besuchs für würdig erachtet. Von Friedrich dem Grossen bis zu Hitler haben Deutsche aller politischen Lager, einschliesslich der Kommunisten, die Existenz Polens für überflüssig gehalten.

    Helga hingegen, die Irenas Freundin geworden war, war begeistert von Polen. Das hielt ein paar Jahre, bis sie sich auf die Seite der deutschen Heimatvertriebenen schlug, worauf Irena ihr das Zimmer und die Freundschaft kündigte.

    ***

    Im Krieg hatte Polen fast die Hälfte seines Staatsgebietes verloren; mit Hitlers Hilfe hatte Stalin auch Teile der Ukraine, Weissrusslands und die baltischen Staaten der Sowjetunion einverleibt. Als an der Konferenz der «Grossen Drei» in Teheran Stalin sagte, Polen müsse bis an die Oder reichen, stimmte Churchill zu.

    Doch während er noch auf ein unabhängiges demokratisches Polen als Bollwerk gegen den Kommunismus hoffte, hatte «Onkel Joe» schon sein künftiges Imperium vor Augen, mit Marionettenregierungen unter seinem Diktat. Ende 1944 rückte die Rote Armee in Richtung Oder vor, und als die Alliierten 1945 in Potsdam der Grenzziehung zustimmten, war nicht nur ganz Polen, sondern auch der Osten Deutschlands von ihr besetzt.

    Während die kommunistische Propaganda nach dem Krieg die deutsch-polnische Freundschaft beschwor, die beiden Völker zu «Brudervölkern» und die Grenze zur «Friedensgrenze» erklärte, wurde dafür gesorgt, dass diese sechsunddreissig Jahre geschlossen blieb in den fünfundvierzig Jahren bis 1989.

    Den Heldenmut der Ukrainer, ihr Leben zu geben im Kampf um die Freiheit, versteht niemand besser als die Polen.
    Nach der Gründung von Solidarnosc hatte die DDR alle Brücken zu Polen gesperrt, um ihre Bürger vor der «Solidaritätspest» zu schützen. Erich Honecker, der Staatsratsvorsitzende, hatte in Moskau auf eine militärische Intervention gedrängt und die Unterstützung der Nationalen Volksarmee zur Niederschlagung des polnischen Aufstandes angeboten. Trotz des langen Kusses auf den Mund, den ihm Leonid Breschnew im Jahr davor zum dreissigjährigen Jubiläum der DDR gegeben hatte, schlug der russische Generalsekretär und Staatschef die Bitte ab.

    Polen hatte im Krieg gemessen an der Einwohnerzahl die höchsten Verluste erlitten, ein Fünftel der Bevölkerung. Rund sechs Millionen, davon drei Millionen Juden, waren Hitlers «Generalplan Ost» zum Opfer gefallen, der Auslöschung des europäischen Judentums und der Versklavung, Vertreibung und Vernichtung der «slawischen Untermenschen».

    Jedes polnische Geschichtsbuch zitiert Heinrich Himmlers Order: «Für die nichtdeutsche Bevölkerung des Ostens darf es keine höheren Schulen geben als die vierklassigen Volksschulen. Das Ziel dieser Volksschulen hat lediglich zu sein: einfaches Rechnen bis höchstens 500, Schreiben des Namens und eine Lehre, dass es ein göttliches Gebot ist, den Deutschen gehorsam zu sein und ehrlich, fleissig und brav zu sein.»

    Im westeuropäischen Bewusstsein ist der deutsche Überfall auf Polen vom 1. September 1939 ein historisches Datum; dass zweieinhalb Wochen später die Rote Armee in Ostpolen einfiel, hingegen nicht. Während der sowjetischen Herrschaft wurden 1,25 Millionen Polen in Viehwagen nach Sibirien und Zentralasien deportiert, wo sie in Arbeitslagern, Gefängnissen und Zwangssiedlungen verelendeten oder umkamen.

    «Feinde der Revolution» wie Lehrer, Richter und Geistliche wurden an Ort und Stelle liquidiert; wie Hitler war auch Stalin entschlossen, die polnische Führungsschicht auszulöschen. Katyn, Twer und Charkiw, wo im Frühjahr 1940 25’000 polnische Offiziere vom sowjetischen NKWD per Kopfschuss ermordet wurden, sind noch immer keine Orte im europäischen Gedächtnis.

    ***

    Den Heldenmut der Ukrainer, ihr Leben zu geben im Kampf um die Freiheit, versteht niemand besser als die Polen. Als ich in Lodz wohnte, befreundete ich mich mit meinem Nachbarn, der Herzchirurg und Direktor der Klinik war. Antek, immer mit Anzug und Krawatte, hatte im Sommer 1944 als Siebzehnjähriger am Warschauer Aufstand gegen die deutsche Besatzung teilgenommen.

    Dreiundsechzig Tage hatte der verzweifelte Kampf gedauert. Die Rote Armee stand auf der anderen Seite der Weichsel und wartete, bis die Deutschen – auf Himmlers Befehl – Haus um Haus gesprengt, die Stadt dem Erdboden gleichgemacht und 180’000 Einwohner getötet hatten.

    Russland, hatte Antek am eigenen Leib erfahren, ist nie der grosse Bruder gewesen, der dem kleinen Bruder beisteht. Während Hitlers «Tausendjähriges Reich» 1945 am Ende war, hielt die Sowjetunion ihre Kolonien in Europa bis 1989 unter der Knute. Dass der Aufstand gegen die deutsche Übermacht keine Chance gehabt hatte, war Antek bewusst. Doch er beharrte darauf, dass nicht zwangsläufig sinnlos gewesen ist, was aussichtslos war.

    V. Lenin-Strasse
    Kateryna, die Historikerin in Kyjiw, hatte mir auf meiner Reise 2014 den Kontakt zu einer Russin auf der Krim vermittelt. Ich traf sie in Sewastopol in einer Kantine, wo wir ukrainischen Borschtsch löffelten. Olga, eine lebhafte Frau in ihren Sechzigern, war viel herumgekommen. Sie arbeitete auf einem Kreuzfahrtschiff, machte Stadtführungen, organisierte Konzerte und Vorträge. Aus Irkutsk in Sibirien stammend, lebte sie seit vierzig Jahren auf der Krim.

    Sie hatte sich die «grünen Männchen» angesehen, die Panzer, die vor der Stadt aufgefahren waren, die Armee ohne Kennzeichen, die der Kreml nicht geschickt haben wollte. Als sie ihren Verwandten in Russland via Skype davon berichtete, glaubten diese ihr nicht.

    Sie fuhr nach Kyjiw, um zu prüfen, ob wirklich Nationalisten, Faschisten und Antisemiten die Macht übernommen hätten, wie die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete, die den Boxer und Oppositionspolitiker Witali Klitschko Schwuchtel titulierte, behauptete, die Schweden praktizierten Sex vom Alter von neun Jahren an und die Europäische Union sei ein Verein von Päderasten. «Selbst meine Schwester und mein Bruder glaubten mir nicht, was ich gesehen hatte; dass dies nicht wahr war. Sie glauben, was Putin sagt.»

    ***

    Von der Krim war ich weiter nach Luhansk gereist. Zwanzig Kilometer von der russischen Grenze entfernt, liess die Stadt nicht das Gefühl aufkommen, in Europa zu sein wie in Lwiw, dem galizischen Lemberg, das zum Habsburgerreich gehört hatte und aussieht wie eine Miniaturausgabe von Wien mit seinem Kopfsteinpflaster, den verspielten Cafés und einladenden Geschäften.

    In der Lenin-Strasse trieb ein wüster Wind Staub in die Augen, das Café Chillout war mit Spanplatten vernagelt, auf der mit leeren Wodkaflaschen übersäten Böschung lag ein Hundekadaver. Der Gründer der Sowjetunion, der in Kyjiw gestürzt worden war, stand hier noch auf dem Sockel und sah über alles hinweg in ein Jenseits, das nicht zum Paradies auf Erden hatte werden wollen.

    Panzer thronten auf massigen Sockeln, in der Kneipe hingen Kalaschnikows an der Wand, und in der Bar flimmerten auf Flachbildschirmen Endlosschleifen mit sich um rassige Autos räkelnden halbnackten Frauen. Ein gedrungener Mann in schwarzer Bomberjacke, der meinen Weg kreuzte, zeigte mir die Faust und schrie «Russland, Russland!».

    Doch auch jetzt, wo russische Truppen im Land stehen, will die grosse Mehrheit weder im Osten noch im Süden «heim ins Reich» von Russland. Die Jugend weiss, dass ihre Zukunft nicht in einem von Moskau abhängigen Armenhaus liegt, in dem sie keine Chance haben, aus ihrem Leben etwas zu machen.

    ***

    In Kyjiw war seit der Orangen Revolution von 2004 der Maidan Brutstätte und Experimentierfeld einer direkten Demokratie. Das Michaelskloster hatte ein Lazarett eingerichtet, ein Gastrounternehmer in seinen Restaurants die Aktivisten gratis verköstigt, ein McDonald’s-Manager seine Filiale der Zentrale für den psychologischen Dienst und das Technikzentrum zur Verfügung gestellt.

    Auf der endlos langen Rolltreppe der U-Bahn-Haltestelle «Maidan» skandierten hinauffahrende junge Männer «Ruhm der Ukraine!»
    Frauen im Pelzmantel hatten beim Barrikadenbau zugegriffen, greise Mütterchen waren mit nichts als einem Apfel, einer Zwiebel oder einer Kanne heissen Tees gekommen. «Es war wie ein Ameisenhaufen», hat Kateryna gesagt, persönlich bewegt wie als Historikerin fasziniert von der Weise, in der es anfing. «Alles lief durcheinander, aber irgendwie gezielt, eine spontane Selbstorganisation, die funktionierte.»
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    BLOWUP --- ---
    Pokracovani:

    In den dramatischen Tagen des Euromaidan 2014, die ich in der Stadt verbrachte, herrschte Kriegsstimmung. Überall standen Barrikaden aus Fässern und Brettern, abgebrannte Gebäude gähnten mit leeren Fenstern, der Gestank geschmolzener Reifen hing in der Luft. Militante Selbstverteidiger vom «Prawyi Sektor» trugen Kampfanzüge, einen Knüppel am Gurt und sammelten Geld für Waffen. Auf der endlos langen Rolltreppe aus dem Untergrund der U-Bahn-Haltestelle «Maidan» skandierten Gruppen hinauf fahrender junger Männer «Ruhm der Ukraine!», worauf Herunterfahrende antworteten mit «Tod den Feinden!».

    VI. Die Mauer fällt
    Wie man sich täuschen kann über die Zukunft einer Zeitenwende, erlebte ich, als ich Anfang Oktober 1989 den Auftrag hatte, den deutschen Historiker Sebastian Haffner für ein Interview über die politische Lage Europas anzufragen. Damals, vor dem Internet, ging das per Schneckenpost. Er schrieb zurück, sagte zu, gab mir seine Telefonnummer und schlug als Termin den 9. November vor. Ich dankte, legte auf und sass drei Wochen später im Flugzeug nach Berlin, als der Pilot über das Mikrofon informierte, die Mauer sei gefallen.


    Es werde bei zwei Staaten bleiben, meinte der grosse deutsche Historiker Sebastian Haffner Anfang Oktober 1989. Ein paar Wochen später fiel die Mauer.
    Foto: Alamy Stock Photo
    Als ich in der dunklen, grossen Berliner Wohnung den Gelehrten antraf, sass er vor dem Fernseher. Seine Haushälterin servierte Kaffee und Gebäck, während die Nachrichten Massen von Menschen um und auf der Mauer zeigten, die jubelten, einander umarmten und mit Meisseln Souvenirs aus dem Beton hämmerten.

    Zur Zukunft Deutschlands gefragt, meinte der Gastgeber, es werde wohl bei zwei Staaten bleiben; nun, da die Ostdeutschen die Freiheit hätten, ins Ausland zu reisen. Er würde eine Wiedervereinigung nicht begrüssen, sagte er, weil Deutschland zu gross sei für Europa und das Gleichgewicht der Mächte erneut gestört würde.

    Sein Argument leuchtete mir ein, und ich blieb skeptisch, als ich mich durch die lärmenden Volksmassen drängte nach Ostberlin zum Brandenburger Tor, dem manche sich zögernd näherten, als erwarteten sie, niedergeschossen zu werden und aus ihrem Traum zu erwachen.

    VII. Das beste Jahr
    Es hat mich immer erstaunt, dass die Revolution von 1989, die Rückkehr des «gekidnappten Westens», wie Milan Kundera es nannte, in der Schweiz – im Unterschied zu Deutschland und einem Grossteil der Welt – oft mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen wurde. Adolf Muschg, der Star der Schweizer Intelligenzija, bedauerte in einer Talkshow mit dem deutschen Historiker Michael Stürmer, dass es nun keine Alternative mehr gebe zum westlichen Kapitalismus.

    Sich richtig freuen über die wiedererlangte Freiheit von Abermillionen von Menschen konnte er nicht, und die Hartnäckigkeit von Stürmer, der die angeblich positiven Bilanzposten des realen Sozialismus mit einer Kanonade von Fakten zertrümmerte, besserte Muschgs Stimmung nicht. 

    Dass die Osteuropäer in Freiheit und Wohlstand leben wollten wie sie, war den Bedenken­trägern aus Deutschland und der Schweiz suspekt.
    In meinem Bekanntenkreis war es nicht viel anders. Bewegt waren wenige, Bedenken hatten viele. Noch Jahre nach der Revolution wurde ich misstrauisch gefragt, ob es den Polen, den Ungarn oder den Tschechen denn jetzt etwa besser gehe.

    Dass die Osteuropäer in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand leben wollten wie sie, die Bedenkenträger, war ihnen suspekt. Sie nahmen nicht wahr, dass die «Samtene Revolution» in ihrer Bedeutung der Französischen von 1789 nicht nachsteht; dass 1989 nicht nur ein Jahrhundertjahr, sondern eines der besten in der Geschichte Europas überhaupt ist.

    Das Europa der siebenundzwanzig Länder der EU ist das friedfertigste seit Menschengedenken; die Jugoslawienkriege von 1991 bis 2001 sind ein Mahnmal an frühere Zeiten, der jetzige Krieg in der Ukraine die Lektion, dass friedfertig zu sein nicht heisst, keine Feinde zu haben. Dessen ist sich die politische Linke wie die politische Rechte kaum bewusst gewesen. Nun haben viele Linke eine Kehrtwende vollzogen, schämen sich für ihren Irrtum, leugnen ihn oder treten auf, als wären sie schon immer auf der richtigen Seite gestanden.

    Der deutsche Psychologe, ein Achtundsechziger, der einst alte Zöpfe abschneiden wollte und den Rossschwanz noch immer trägt, schalt die Nato aggressiv und Amerika das «Reich der Blöden»; nun schweigt er und sucht das Thema zu vermeiden um des Friedens willen.

    Der schweizerische Berufskollege, der sich nicht hervortat mit Plädoyers für eine starke Armee, die Nato und Amerika, feiert jetzt überschwänglich den Kampfesmut der Ukrainer, als seien sie eine lokale Fussballmannschaft, die in die Bundesliga aufsteigt. Nur die dänische Philosophin war bestürzt auch darüber, selber naiv und gutgläubig gewesen zu sein und weitergelebt zu haben, als wäre nichts passiert zuvor in Tschetschenien, Georgien, der Krim und dem Donbass.

    Manche Rechte nehmen noch heute Putin in Schutz, verherrlichen ihn gar und verharmlosen oder leugnen, was in der Ukraine passiert und zigtausendfach dokumentiert ist. Fake-News-Junkies, die kein Sachargument kurieren wird, sind sie eine Minorität, die auf die westliche Russlandpolitik im Gegensatz zur Linken kaum Einfluss hatte.


    Widerstand gegen die Sowjet-Hardliner: Während des Augustputsches 1991 steigt Boris Jelzin, Präsident der Russischen Teilrepublik, auf einen Panzer und verurteilt den Umsturzversuch.
    Foto: Wojtek Laski/Getty Images
    ***

    Als der KGB, dessen Offizier Putin war, im Moskauer Putsch vom August 1991 Gorbatschow zu stürzen versuchte, erklärte das ukrainische Parlament die Unabhängigkeit; neunzig Prozent votierten in der Volksabstimmung dafür. Noch im selben Monat wurde die UdSSR aufgelöst, und das letzte koloniale Imperium der Welt war Geschichte.

    Putin, der 1989 in Dresden mit der Vernichtung von sowjetischen Codebüchern im Garten der KGB-Filiale seine «dunkelste Stunde» erlebte, erklärte diese Befreiung zur «grössten geopolitischen Katastrophe des Jahrhunderts».

    Doch was Putin fürchtet, ist weder die Nato noch Amerika oder der Westen generell, sondern die Geburt einer neuen Demokratie in der unmittelbaren Nachbarschaft, die sein Volk ermutigen könnte, endlich aufzustehen. Die Ukraine ist nicht nur der Phantomschmerz Russlands, wie Kateryna gesagt hat, sie ist auch die Zeitbombe, die der Herrscher im Kreml entschärfen muss, will er an der Macht bleiben.

    ***

    Bis anhin hatte die Schweiz mit Deutschland gemeinsam, dass beide Staaten kein Konzept von einem Feind haben. Deutschland wollte sich aufgrund seiner Gewalttaten gegen angebliche Feinde jedweder Art mit seinem «Nie wieder Krieg» von jedem Waffengang dispensieren; die Schweiz, in der seit über hundertsiebzig Jahren Frieden herrscht, hat keinen Feind und blieb selbst in den zwei Weltkriegen unversehrt. Dass beide Staaten, ohne die geforderte Gegenleistung zu entrichten, unter dem Schutzschirm der Amerikaner stehen, haben die meisten erst wahrgenommen, seit es in der Nachbarschaft Raketen regnet.

    Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass eine der grössten geopolitischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts von der Schweiz aus eingeleitet wurde.
    Beide verstehen sich auch nicht auf Geopolitik. Das tun nur die Briten, die Amerikaner, die Chinesen und einzelne weitere. Die Unterschiede springen ins Auge in der Frage, wie man reagieren soll, wenn Putin mit Nuklearraketen droht.

    Führt die Drohung dazu, zurückzukrebsen mit der Lieferung schwerer Waffen an die Ukrainer, hat nicht nur Putin gewonnen. Mit ihm lernen die Autokraten rund um die Welt, dass der Westen schwach ist, sich erpressen lässt und einen selber stärker macht. Der Rüstungswettlauf hat bereits begonnen, das Risiko atomarer Katastrophen nimmt zu.

    Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass eine der grössten geopolitischen Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts von der Schweiz aus eingeleitet wurde. Die russische Oktoberrevolution, Lenins Putsch – eine Zeitenwende – hat ihre Wiege in der Zürcher Spiegelgasse 14, in jener Wohnung Lenins, neben der achtzig Jahre zuvor Georg Büchner gelebt hatte, der in «Dantons Tod» seherisch mit dem Fluch auch dieses gewalttätigen Umsturzes abrechnete.

    ***

    Als in Libyen 2011 der Bürgerkrieg ausbrach, war ich bei einem meiner Freunde in Kalifornien zu Besuch. Otto hatte den Fernseher angehabt als ich kam, mich angeblickt und gesagt: «Wir müssen etwas tun.»

    Mit «wir» meinte er sein Land. Dieses «wir müssen» habe ich immer wieder gehört in den USA, nicht das «man sollte», das man anderswo gewohnt ist: Beim Protest der «Grünen Bewegung» in Teheran 2009 gegen den Wahlbetrug, bei den Demonstrationen im Arabischen Frühling 2011 auf dem Tahrir-Platz in Kairo, beim Tiananmen-Massaker 1989 in Peking, als die protestierenden Studenten vis-à-vis dem Mao-Porträt über dem Eingang zur Verbotenen Stadt die «Göttin der Demokratie» aufgestellt hatten, inspiriert von der New Yorker Freiheitsstatue.

    Es waren die Amerikaner, die mit der Bombardierung von Serbien den versuchten Genozid an Muslimen in Bosnien und Albanern im Kosovo gestoppt haben. Kein europäischer Staatsmann, sondern Bill Clinton wurde in Pristina mit einer Statue geehrt. Nun sind es wieder sie, die mit dem Präsidenten Joe Biden als Ordnungsmacht amtieren; die «indispensable nation», wie Madeleine Albright sagte, Clintons Aussenministerin, die 2022 Putin traf und berichtete, der Mann sei «entschlossen, die auseinandergebrochene Sowjetunion zu alter Grösse zurückzuführen».

    Nicht die Nato hat missioniert; Polen, Balten und Ukrainer haben den Beitritt zum westlichen Militärbündnis gewollt.
    Wie die Osteuropäer, haben auch die Amerikaner realisiert, dass der Truppenaufmarsch Russlands an der Grenze zur Ukraine keine Drohkulisse, sondern der Auftakt zum Krieg war. Es ist Amerika, das die Brandherde in Europa löscht, das mit Raketen zündelnde Nordkorea observiert, das von China bedrohte Taiwan und das von Antisemiten umzirkelte Israel schützt.

    Immer wieder habe ich mit Freunden und Bekannten gestritten über die Führungsrolle der USA und die Nato, die sie beschuldigten, Russland betrogen zu haben mit der Versicherung, das Bündnis der Verteidigungsgemeinschaft nicht nach Osten zu erweitern.

    Mit der Öffnung der Archive der Regierungen von Helmut Kohl, George Bush und Bill Clinton, den publizierten privaten Aufzeichnungen und Briefen der aussenpolitischen Akteure wie Hans-Dietrich Genscher, Eduard Schewardnadse, James Baker und Michail Gorbatschow ist geklärt, dass die Sowjetunion 1990 nicht wie behauptet vom Westen über den Tisch gezogen wurde.

    Nicht die Nato hat missioniert, sondern die Polen, die Balten und die Ukrainer haben den Beitritt zum Militärbündnis gewollt, für das der Angriff auf eines seiner Mitglieder ein Angriff auf alle ist.

    VIII. Hipper KGB
    Wie absurd und beschämend die noch heute verbreitete Verharmlosung der kommunistischen Diktaturen und ihrer Nachfahren ist, war ein Thema, über das ich mich in Washington 2003 während des Irakkriegs mit Anne Applebaum unterhielt. Mitglied der Chefredaktion der «Washington Post», zeigte sie mir deren Grossraumbüro, das noch genau so aussah wie im Film «All the President’s Men» von 1976 über Watergate, worin Robert Redford und Dustin Hoffman das Journalistenteam spielen, das Präsident Richard Nixon – «Tricky Dick» – zu Fall bringt.

    Applebaum hatte eben «Gulag. A History» veröffentlicht, die erste Gesamtdarstellung der sowjetischen Arbeits- und Konzentrationslager. Sie erzählte, wie verwundert sie war, als sie in Prag über die Karlsbrücke ging, wo ihre Landsleute entzückt kauften, was die Souvenirhändler feilboten – Anstecknadeln mit Hammer und Sichel, dem Porträt von Lenin und sonstige Devotionalien des Sowjetkommunismus.

    Lachend hätten sie sich T-Shirts übergestreift mit dem Emblem des russischen Geheimdienstes KGB. Niemandem von ihnen, sagte Anne, wäre es in den Sinn gekommen, sich mit dem Bildnis von Hitler oder dem Hakenkreuz zu schmücken.

    In Berlin gelten Embleme der Sowjetunion und von Rotchina gelten als cool; Diktaturen, die einen Leichenberg aufgehäuft haben, der den von Hitlerdeutschland überragt.
    In Berlin, wo ich öfters bin, ist es nicht anders. Embleme der Sowjetunion und von Rotchina gelten als cool; Diktaturen, die einen Leichenberg aufgehäuft haben, der den von Hitlerdeutschland bei weitem überragt. KGB-Bars und -Bistros gibt es zuhauf, und Mützen und Anzüge im Stil von Mao Zedong sind ein Renner nicht nur in der Bundesrepublik.

    Sich zu kleiden wie einer der grössten Massenmörder der Weltgeschichte, der sich laut seinem Leibarzt Li Zhisui jede Nacht Bauernmädchen kommen liess, um sie zu entjungfern und deren Vaginalsekret als Verjüngungsmittel zu konsumieren, löst keinen Alarm politischer Korrektoren aus.

    IX. Kleine Fiche
    Weshalb haben so viele im Westen so wenig Verständnis dafür, was es bedeutet, unfrei zu sein? Den Verlust von Hab und Gut, von Leib und Leben kann man nachfühlen, die verbreitete Armut weckt Mitleid, doch Empathie für Menschen, die in Unfreiheit leben, ist rar.

    Was Freiheit ist, weiss nur, wer im Gefängnis ist, ob im Strafvollzug oder in einer Diktatur; in Ländern ohne eine unabhängige Justiz, ohne freie Wahl und Abwahl der Volksvertreter, ohne Reise-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, wo man gegen die Regierung demonstrieren darf und dabei von der Polizei geschützt und nicht verprügelt wird.

    Der Fichenskandal hat auch gezeigt, dass der Rechtsstaat Schweiz funktioniert. Wird die Schweiz als Gefängnis bezeichnet, wäre alles ein Gefängnis.
    Friedrich Dürrenmatt, der grosse Nachkriegsschriftsteller, der die moralischen Dilemmata der Deutschen früher thematisiert hat als diese selber; der Dramatiker und geniale Denker, der in seinen Stücken, Essays und Erzählungen dem Menschen in seinen Widersprüchen den Spiegel vorhält – selbst er hat, als der spätere Staatspräsident der Tschechoslowakei Vaclav Havel zu Besuch war, dem ehemaligen Gefängnisinsassen erklären wollen, weshalb auch die Schweiz ein Gefängnis sei.

    Seine Laudatio auf den mit dem Gottlieb-Duttweiler-Preis 1990 für seine Zivilcourage geehrten Dissidenten blendet zwar nicht aus, dass in dessen Land unter sowjetischer Herrschaft Regimegegner in Konzentrationslager gesteckt, gefoltert und hingerichtet wurden. Wir Schweizer, sagte Dürrenmatt, hätten uns jedoch freiwillig in ein Gefängnis geflüchtet.

    Er spielte dabei auf den Fichenskandal an, der 1989 platzte und enthüllte, dass der Staat zahlreiche Bürger, Pazifisten, Feministinnen, Umweltschützer, in Jugendbewegungen Engagierte, Exponenten der Linken sowie Mitglieder der kommunistischen Partei der Arbeit bespitzelt und seit 1900 rund 900’000 Dossiers angelegt hat; auch über Ausländer, vor allem jene aus Italien.

    Der «Schnüffelstaat Schweiz», der auch die Bürgerlichen empörte, setzte eine Kommission ein zur Untersuchung der Affäre, worauf Betroffene ihre Fichen anfordern und einsehen konnten. In meiner Fiche waren so wichtige Informationen vermerkt, wie dass ich eine Party kurz vor Mitternacht verlassen hätte, auf der Vespa mit einer Sozia, deren Identität nicht habe festgestellt werden können.

    In der ausserparlamentarischen Linken, zu der ich gehörte, waren nicht wenige frustriert, wenn über sie keine Fiche angelegt worden war, während andere, deren Fiche besonders dick war, ihren Stolz kaum verbergen konnten.

    Kein Ruhmesblatt der Schweizer Geschichte, hat dieser Skandal jedoch auch gezeigt, dass der Rechtsstaat Schweiz funktioniert. Wird die Schweiz als Gefängnis bezeichnet, wäre alles ein Gefängnis; unser Planet Erde, die Galaxie, in der sie ist, das Universum überhaupt. Wenn aber alles ein Gefängnis ist, ist nichts ein Gefängnis, weil der Begriff keinen Sinn ergibt.

    ***

    Es gehört zu den Aufgaben von Intellektuellen, ihr Land zu kritisieren, auf Fehler und Schwächen hinzuweisen, damit es sich nicht in Selbstgefälligkeit suhlt. Merkwürdigerweise tun das manche, ob links oder rechts, nur um den Preis der Verharmlosung oder gar Idealisierung der Gegner ihrer Heimat; Staaten, in denen die Menschenrechte nicht gelten. Für Noam Chomsky, den Amerikaner, der keine Gelegenheit auslässt, sein Land zu geisseln, ist der Westen schuld am Ukrainekrieg, habe Putin doch seit dreissig Jahren vergeblich auf die «Sicherheitsbedenken Russlands» hingewiesen.

    Ins gleiche Horn stossen Phyllis Bennis, die Kämpferin gegen den amerikanischen Imperialismus, und Naomi Klein, die einflussreiche Aktivistin gegen den Kapitalismus und die Globalisierung. Dass die Ukraine souverän ist wie ihr Land, dass deren Volk zum Westen gehören will wie das ihre, zählen für diese Kritikerinnen nicht.

    Seit über hundert Jahren hat kein Staat mit Ausnahme von Hitlerdeutschland Russland angegriffen oder die Absicht dazu gehabt. Umgekehrt jedoch hat Osteuropa über Jahrhunderte die russische Gewalt zu spüren bekommen, hatte sein eigenes Schicksal nicht bestimmen können, war auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs und konnte sich erst befreien, als dieser fiel.


    Zwei Jahre Haft wegen «Rowydtum aus religiösem Hass»: Die Pussy-Riot-Mitglieder Marija Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa während des Prozesses von 2012.
    Bild: Max Streltsov/Saltimages/Laif
    Dass westliche Intellektuelle die Sünden des Westens anprangern, den Kolonialismus, Rassismus und die Ausbeutung der Dritten Welt, ist eine Tugend der Aufklärung. Begnügt man sich damit, gerät jedoch ins Vergessen, dass man nicht nur von Opfern, sondern auch von Tätern umgeben ist; ob das nun islamistische Terroristen, russische Sturmtruppen oder totalitäre Regime sind, die die Bombe in die Hand bekommen könnten.

    Nachdem Helmut Kohl als eingefleischter Europäer die Ostler ernst nahm, haben die Regierungen von Gerhard Schröder und Angela Merkel auf Putins Russland gesetzt, unter dem Motto einer «privilegierten Partnerschaft». Sie haben alle Warnungen aus Polen, der Ukraine und anderen Oststaaten in den Wind geschlagen, sich weder von den Kriegen Russlands in Tschetschenien, Georgien und Syrien noch vom Raub der Krim von ihrem Kurs abbringen lassen. Auch nicht, als die Gazprom im Januar 2006 Georgien den Gashahn zudrehte, im kältesten Winter seit zehn Jahren.

    Oligarchen, die hofiert, kriminelle Machenschaften, die ignoriert wurden – sie waren der Zement, der das Luftschloss der Russophilie zusammenhielt.
    Hätten sie auf die Kritik der USA und der Grünen im eigenen Land gehört, wären die Ostseepipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 nicht gebaut worden; hätten sie die Anbindung der Ukraine an die EU und die Nato nach dem Raub der Krim befördert, wären wir heute wohl nicht in der Misere, in der nun die ganze Welt ist.

    Die westliche Wirtschaft hat davon profitiert und dafür gesorgt, dass sich nichts ändert. Oligarchen, die hofiert, kriminelle Machenschaften, die ignoriert, Korruption, die toleriert wurde – sie waren der Zement, der das Luftschloss der Russophilie zusammenhielt.

    «Wie andere auch» habe er sich geirrt, sagte nonchalant Frank-Walter Steinmeier, der amtierende Bundespräsident. Ein Freund des russischen Aussenministers Sergei Lawrow, hatte er früh Russland zu seinem Schwerpunkt gemacht, war mit Putin ungezählte Male am selben Tisch gesessen, hatte auf Wandel durch Handel gesetzt und die Moral auf seiner Seite geglaubt – was etwas merkwürdig ist für einen Mann, der die Terroristin Gudrun Ensslin eine «grosse Frau der Weltgeschichte» nannte.

    Was die Ukraine spezifisch betrifft, war es ein Amerikaner, der Historiker Timothy Snyder, der die Massenmorde und die Vernichtungspolitik von Nazideutschland und Stalins Russland erforscht und die Landstriche von Polen, Weissrussland, dem Baltikum und der Ukraine ins Bild gerückt hat: «Bloodlands», sein 2010 erschienenes Buch, sollte Pflichtlektüre sein für Intellektuelle jedweder Art; Fachleute, Amtsträger und Politiker, die über den Tellerrand ihres Landes hinaussehen müssen, um kompetent argumentieren und handeln zu können. Es ist nicht zuletzt die Ignoranz der westlichen Elite, die Putin ermöglicht hat, seinen lang gehegten Plan zu verwirklichen.

    In seinem 1940 in Grossbritannien erschienenen Buch «Germany. Jekyll and Hyde» hatte Sebastian Haffner das Naziregime, die Figur Hitlers und die Gesellschaft der Deutschen so brillant analysiert, dass der britische Premier Winston Churchill es zur Pflichtlektüre für die Minister seines Kriegskabinetts erklärte.

    X. Niederlagen
    Selbst renommierte Persönlichkeiten sind nicht gefeit gegen Misstritte den Osten betreffend, wie ich in der Jahrtausendwende erlebte, als ich eine Fellowship am Internationalen Journalisten-Kolleg der Freien Universität Berlin hatte.

    Wir waren fünfzehn, die eine Hälfte aus dem Osten, die andere aus dem Westen. Man war frei, an dem eingereichten Projekt zu arbeiten und Studienfächer zu belegen; Pflicht war die Teilnahme an Diskussionen, zu denen prominente Gäste eingeladen wurden. Richard von Weizsäcker kam, dessen Vater als Staatssekretär im Auswärtigen Amt nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und verurteilt worden war.

    Zum 40. Jahrestag des Kriegsendes und Zusammenbruchs der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, hatte Weizsäcker 1985 als Bundespräsident eine Rede gehalten, die in die Geschichte einging. Erstmals wurde der Tag des 8. Mai in Deutschland als Tag der Befreiung und nicht der Niederlage begangen.

    Weizsäcker, ein stattlicher Herr mit einnehmender Ausstrahlung, sorgte für eine lebhafte Diskussion, bis die Kolleginnen aus Slowenien, Ungarn und Bulgarien wissen wollten, weshalb Deutschland so reserviert sei ihren osteuropäischen Ländern gegenüber.

    Richard von Weizsäcker widersprach, erzählte von seinen Staatsbesuchen im Osten und scherzte, wie er sich immer erst eine Litanei über das schlimme Russland habe anhören müssen. Damit war er unten durch bei den drei Frauen, die von seinen Verdiensten kaum etwas wussten.

    XI. Dreimal Revolution
    Die Ukraine ist eine «verspätete Nation», ihre Nationalbewegung ein Widerhall der Bewegungen Europas, die Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts die ständischen Gesellschaften und ethnischen Gruppen zu Nationen formten, mit dem Anspruch auf Souveränität.

    Im Gefolge des Ersten Weltkrieges und der Revolution in Russland zerfielen die drei Vielvölkerimperien Osteuropas, das Russische, das Habsburgische und das Osmanische Reich. Den Ukrainern gelang es nicht wie anderen, die Chance zu nutzen. Während Tschechen, Polen, Litauer, Esten und Letten Nationalstaaten begründeten, fanden sie sich nach kurzlebigen Versuchen wieder unter der Knute fremder Mächte; der Sowjetunion im Osten, Polens, Rumäniens und der Tschechoslowakei im Westen.

    Seit dem Fall der Mauer hat die Ukraine drei Revolutionen durchlaufen. Bei der ersten von 1989 bis 1991 ging es um die nationale Unabhängigkeit, aber nicht um die Demokratie. Bei der zweiten, der «orangen» von 2004, ging es um die demokratische Wahl einer neuen Führung, aber nicht um das korrumpierte System. In der dritten, dem Euromaidan von 2014, ging es aussenpolitisch um die Abkehr von Russland hin zu Europa und innenpolitisch um die Reformierung des Systems von Regierung und Gesellschaft.


    Der Gestank geschmolzener Reifen hing in der Luft: Kyjiw während der Proteste des Euromaidan 2014.
    Foto: Jeff J Mitchell/Getty Images
    In jenem Euromaidan 2014 wurde die neue Ukraine geboren. Als die Studenten gegen Janukowitschs Weigerung, das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen, protestierten und brutal zusammengeprügelt wurden, kamen die Veteranen des Afghanistankrieges, um ihre Kinder zu verteidigen.

    Schliesslich waren Jung und Alt auf dem Maidan, aus Stadt und Land, Angehörige jeder Ethnie, Religion, Klasse und Kultur. Ethnische Russen standen auf der Bühne, prominente Juden stellten sich ins Rampenlicht, Schwule und Lesben betrieben eine Hotline für Menschen in Not, junge Feministinnen bewachten die Spitäler, um zu verhindern, dass die Verwundeten von Schergen des Regimes entführt wurden.

    ***

    Der langjährige, von Erfolg gekrönte Freiheitskampf der Polen war für die Ukrainer der Ansporn, nicht aufzugeben. Doch während ihre Nachbarn mit der Gewerkschaft Solidarnosc ein geeintes Volk waren, war das in der Ukraine bisher nicht der Fall.

    Nun, da mit Wolodimir Selenski und seinem Stab das Land eine Führung hat, hinter der die Mehrheit des Volkes steht, könnte sich das ändern. Der jetzige Krieg wird eine wiederum neue Ukraine gebären; erringt sie den Sieg über Russland und gelingt die Annäherung an die EU, darf man hoffen, dass das Land geeinter, demokratischer und weniger von Korruption und Oligarchie geprägt sein wird. 

    XII. Wo Europa endet
    Auf meiner Reise durch die Ukraine während des Euromaidan 2014 hatte ich in Nowi Petriwzi, einem ruhigen Vorort im Norden von Kyjiw, Janukowitschs Residenz besichtigt, das «Sultanat Meschihiria». Heerscharen erkundeten das Grundstück mit dem Wohnhaus, das aussieht wie ein Chalet, das sich am Buckingham Palace verschluckt hat.

    Die Besucher waren weniger empört als amüsiert über den Monumentalkitsch eines Parvenüs, für den nicht nur Geschmack eine Frage des Geldes war. Fünfzehn Euro pro Tag und Teilnehmer habe sich das Regime Kundgebungen zu seinen Gunsten kosten lassen, hat Kateryna mir gesagt, als wir über Putins Schützling sprachen.

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    Wo Europa ende
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    «Apropos» – der tägliche Podcast – «Mein Mann zahlt mir einen Lohn für die Arbeit als Hausfrau» | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/mein-mann-zahlt-mir-einen-lohn-fuer-die-arbeit-als-hausfrau-763101027112
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    Svycarsko je hrde na svuj dualni system vzdelani, ale v posledni dobe je konfrontovany s fenomenem akademizace a klesajici urovne.

    Abo«Schizophren»: Mittelmass statt Exzellenz
    «Die Akademisierung nimmt groteske Züge an»
    Mathias Binswanger, Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz, macht sich Sorgen: Unser Bildungssystem nivelliert nach unten, da wir viel zu viele Jugendliche ans Gymnasium schicken und Pseudokompetenzen vermitteln.

    Sebastian Briellmann
    Publiziert heute um 06:54 Uhr

    «Wir befinden uns in einem Teufelskreis»: Immer mehr Studenten, immer schlechtere Leistung.
    Foto: Marco Zangger (20 Minuten)
    Mathias Binswanger, was ist für Sie Mittelmass?
    Das Fehlen von Originalität, Fähigkeiten, aber auch von Interesse. Aber ich ahne, auf was Sie hinauswollen …
    Sie haben kürzlich gesagt: «Wir machen aus potenziell guten Handwerkern mittelmässige Akademiker.» Was heisst das konkret?
    Wir wollen immer mehr Studenten, die dann einen Bachelor- oder einen Masterabschluss machen. Das klappt de facto aber nur, indem wir das Niveau senken. Wir fördern deshalb nicht Exzellenz, sondern Mittelmass. Lehrpläne und Studienpläne strotzen heute von grossartig formulierten Kompetenzen, doch in Wirklichkeit sind das oft leere Worthülsen.
    Die Hochschulen sagen aber: Dank unserer Ausbildung fördern wir die Exzellenz …
    Natürlich wird an Hochschulen auch Exzellenz gefördert, aber das gilt nicht für die Mehrheit. Es ist ein Trugschluss, wenn man glaubt, dass Bildung allein für gute Leistungen im späteren Beruf ausreicht. Es braucht auch Talent und Fähigkeiten, die nicht alle haben. Erst wenn Bildung auf Fähigkeit und Motivation trifft, kann daraus auch Exzellenz werden.
    An einer Hochschule, so mein Verständnis, sollte die Spitze vertreten sein. Was bedingt, dass Akademiker in der Minderheit sein müssen, da dies ein Qualitätsmerkmal ist. Warum wird derart in die Breite verwässert?
    Das beginnt schon mit den Fehlanreizen im Bildungssystem. Der Bund zahlt die Universitäten und Fachhochschulen nach Anzahl der Studenten und Abschlüsse. Also geht es diesen darum, möglichst viele Studenten mit möglichst vielen Abschlüssen zu haben. Das klappt aber nur, wenn man weniger streng als die Konkurrenz ist. So nivelliert sich das Niveau nach unten.
    Einer mit Einfluss und Expertise

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    Aber ist es nicht ein hehres Anliegen: möglichst viel Bildung für möglichst alle …
    Bildung an sich ist etwas Positives. Nur haben wir heute zu viel in die Bildung hineininterpretiert und glauben, alle Probleme mit Bildung lösen zu können. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die sich mit Bildung gut vermitteln lassen: etwa, wie man eine Präsentation macht. Sobald es aber um analytische Fähigkeiten geht, spielen auch die Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. Es gibt heute eine Tendenz, oberflächliche Pseudokompetenz zu vermitteln. Doch kaum fragt man einmal genauer nach, wie man auf bestimmte Resultate kommt oder warum ein bestimmtes Argument gilt, wird das Eis dünn.
    Aber was sollen denn Schüler anders tun, als eine Matur zu machen – und danach zu studieren? Es heisst immer: Ohne Hochschulabschluss hat man es auf dem Arbeitsmarkt schwer …
    Letztlich befinden wir uns in einem Teufelskreis, den wir selbst geschaffen haben und weiter bewirtschaften. Weil die Anforderungen in vielen Berufen ansteigen, glaubt man, höhere Qualifikationen für ausgeschriebene Stellen verlangen zu müssen. Dies führt dazu, dass sich die Berufschancen für Menschen mit einer Berufslehre verschlechtern. Also streben auch Jugendliche mit guten handwerklichen oder technischen Fähigkeiten eine akademische Ausbildung an. Dadurch verschlechtert sich die Qualität der verbleibenden Lehrlinge, was wiederum dazu führt, dass Unternehmen höhere Bildungsanforderungen bei der Stellenausschreibung setzen.
    Das ist doch grotesk. Vertreter aus vielen Ländern strömen seit Jahren in die Schweiz, weil sie sagen: Euer duales System, das ist unsere Idealvorstellung, wir wollen uns mindestens angleichen.
    Ja, es ist schizophren. Einerseits sind wir stolz auf unser duales Bildungssystem. Andererseits haben wir Angst, den Anschluss an das Ausland zu verpassen, und befürchten, dass junge Menschen aus der Schweiz ohne akademische Ausbildung keine Chance haben. Diese Angst ist aber verfehlt. Schauen Sie mal, in welchen Berufen zurzeit ein Fachkräftemangel herrscht: Pflegefachpersonal, Elektromonteure, Verkaufsberater, Software-Entwickler, Schreiner, Köche, Gärtner, Polymechaniker. Da braucht es Praktiker mit ganz speziellen Fähigkeiten. Und die eignet man sich am besten «on the job» über eine Berufslehre an.
    «Es zeigt sich, dass vor allem Länder mit hohen Maturitätsquoten eine hohe Jugendarbeitslosigkeit besitzen.»
    Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre
    Heute muss eine angehende Kindergärtnerin allerdings einen «Bachelor of Arts in Preprimary und Primary Education» machen, und ein künftiger Hauswart studiert «Facility Management» …
    In gewissen Bereichen nimmt die Akademisierung groteske Züge an. Wer studiert, weiss noch lange nicht, wie man mit kleinen Kindern umgeht. Praxiserfahrung ist da viel wichtiger als das Verfassen einer mit Inhalten aus dem Internet zusammengeschusterten Bachelorarbeit. Und den Dozenten, welche diese Arbeiten betreuen müssen, fehlt die Zeit, sie wirklich zu lesen – weil ihr dafür vorgesehenes Zeitbudget nicht ausreicht. So mühen sich angehende Kindergärtnerinnen in einem Studium ab – statt den Umgang mit Kindern in der Praxis zu erlernen.
    Diese Fälle sind bekannt. Aber: Sind das Ausnahmen, oder ist das die Regel?
    Sie werden immer mehr zur Regel. Und ich erkenne noch einen anderen Nachteil. Nehmen wir das Beispiel des Pflegepersonals: Wie wir seit der Pandemie wissen, ist der Mangel gross. Also versucht man, Abhilfe zu schaffen, indem man bessere Bildungsperspektiven bietet. Doch die Pflegerinnen, die dann einen Bachelor machen, sind danach meist nicht mehr in der Pflege tätig, sondern landen in der Pflegebürokratie. Gleichzeitig bleibt der Mangel an Personal an der Pflegefront bestehen, ohne dass die Löhne wirklich ansteigen.
    Mich erinnert dieser Trend immer an südeuropäische Länder mit Maturitätsquoten von 70, 80 Prozent. Wieso eifern wir einem solchen Vorbild nach?
    Es zeigt sich, dass vor allem Länder mit hohen Maturitätsquoten eine hohe Jugendarbeitslosigkeit besitzen. Das liegt auch daran, dass ein grösserer Teil der Maturanden nachher gar kein Hochschulstudium abschliesst und nicht auf eine praktische Tätigkeit vorbereitet ist. Also enden die Jugendlichen häufig in der Arbeitslosigkeit. Auch bei uns besteht die Gefahr einer Entwicklung in diese Richtung. Wir haben die Tendenz, in der Schweiz Dinge zeitlich verzögert umzusetzen, die sich im Ausland nicht bewährt haben.
    Das knüpft an eine feurige Debatte in den letzten Wochen an, über den Wert eines universitären Studiums. Im Fokus standen die Geisteswissenschaften. Nach Kritik einer Dozentin brach ein Shitstorm über sie los, weil sie zugespitzte Aussagen gemacht hat. Aber eine inhaltliche Debatte gab es nicht. Fühlten sich da viele ertappt?
    Nein, eine inhaltliche Debatte hat nicht wirklich stattgefunden, da sich die Dozentin zum Teil sehr ungeschickt geäussert hat. Eine generelle Kritik an Studenten von Geisteswissenschaften ist verfehlt. Es ist auch nicht wirklich klar, was Kosten und Nutzen eines bestimmten Studiums sind. Werden der Allgemeinheit Kosten aufgebürdet, wenn Akademiker nach einem Studium der Geisteswissenschaften Teilzeit oder gar nicht arbeiten? Oder geben Teilzeit-Akademiker wichtige Bildung an ihre Kinder weiter, weil sie mehr Zeit für diese haben? Und sparen wir dadurch Kosten für Fremdbetreuung? Das muss man ganzheitlich anschauen.
    Wie lautet Ihr inhaltliches Fazit?
    Es gibt deutlich mehr Studenten in Geisteswissenschaften als etwa in technischen Studiengängen. Die Anforderungen sind weniger streng. Ein angehender Ingenieur muss ziemlich viel leisten, und das Studium ist hart. Es gibt viel Mathematik und Physik: Fächer, die bei einer Mehrheit wenig Begeisterung hervorrufen. Diese Studiengänge werden dann nur von einer Minderheit absolviert, die auch die entsprechenden Fähigkeiten und das Interesse hat.
    «Eltern mit akademischer Ausbildung schämen sich geradezu, wenn es den eigenen Kindern ‹nur› für eine Lehre reicht.»
    Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre
    Könnte dieser Überhang auch daran liegen, dass viele nach der Matur gar nicht genau wissen, was sie machen sollen? Da bietet sich natürlich zu Recht eher ein Geschichtsstudium an als eines der Nanowissenschaften …
    Natürlich, und damit sind wir wieder beim Problem, dass wir immer mehr Jugendliche ans Gymnasium schicken.
    Besonders bei Akademikern …
    So ist es. Eltern mit akademischer Ausbildung schämen sich geradezu, wenn es den eigenen Kindern «nur» für eine Lehre reicht. Das ist eine Statusfrage. Dahinter verbirgt sich oft auch Unkenntnis über unser heutiges Bildungssystem. Die Entstehung der Fachhochschulen hat die späteren Berufsmöglichkeiten mit einer Lehre stark erweitert. Wer heute nach einer Lehre studieren will, dem stehen über die Berufsmatura und ein Fachhochschulstudium alle Wege offen.
    Als mittelmässiger Absolvent eines Wirtschaftsstudiums habe ich mehr Respekt vor einem Handwerker, der danach ein eigenes Geschäft eröffnet. Warum haben wir die Hochachtung vor dem KMU-Unternehmertum verloren? Wir sprechen ja immer noch davon, dass KMU die tragenden Säulen der Schweiz sind.
    Wo immer möglich, betont die Politik die Wichtigkeit der KMU für die Schweizer Wirtschaft. Doch im heutigen Bildungsalltag spielen diese oft nur eine untergeordnete Rolle. Wir kreieren einen Hype um Start-ups und Spin-offs von Universitäten – und vergessen dabei, dass gerade die «normalen» KMU in der Schweiz entscheidend zur Innovationsfähigkeit unseres Landes beitragen.
    Diese ganzen Diskrepanzen, über die wir sprechen: Gründen diese auf politischem Versagen? Die Politik ist es, die die zahlreichen Reformen durchgeboxt hat.
    Ja, wie es ein früherer Rektor der Universität St. Gallen einmal formuliert hat: Man muss nicht begründen, wieso man eine Reform macht, sondern, wieso man keine macht. Politiker schwärmen vom Lehrplan 21 oder von der KV-Reform. Man hat das Gefühl, dass man mit Reformen Probleme löst. In Wirklichkeit haben die ganzen Reformen vor allem zum Aufbau von Potemkinschen Dörfern und zum Ausbau einer Bildungsbürokratie beigetragen.
    Erzählen Sie.
    Wenn ich etwa die im Lehrplan 21 formulierten Kompetenzen für die 7. bis 9. Klasse zum Thema «Märkte und Handel verstehen – über Geld nachdenken» anschaue, dann muss ich sagen: Da wäre ich froh, wenn unsere Studenten an der Fachhochschule diese Kompetenzen hätten. Als Kompetenzen formulierte Lernziele animieren dazu, grossartige Worthülsen zu basteln, um damit neue Bildungsfiktionen zu errichten.
    «Wenn die Maturitätsquote immer weiter steigt, dann werden Aufnahmeprüfungen und Tests unumgänglich – für Maturanden und für Lehrlinge.»
    Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre
    Das ist ein genereller Trend. Auch im KV, der beliebtesten Ausbildung der Schweiz, lösen Kompetenzen die Schulfächer ab. Künftig wird Small Talk unterrichtet anstatt Rechnungswesen. Wo soll das enden?
    Ich will nicht dramatisieren, im internationalen Vergleich ist das Schweizer Bildungssystem immer noch gut. Aber wir tragen diesem System zu wenig Sorge und werten es klammheimlich selbst immer mehr ab.
    Aber es ist doch schon so, dass davon nicht auszugehen ist: Es ist von Bildungsgerechtigkeit die Rede, in Basel-Stadt auch von der Migration …
    Das ist so. Unter dem Deckmantel «Bildung für alle» werden die Universitäten immer mehr zu überfüllten Masseninstitutionen. Dies führt dann dazu, dass ein Studium an einer Durchschnittsuniversität nicht mehr viel gilt. Es kommt zur Bildung von Eliteuniversitäten.
    Wie in den USA?
    Genau. Es entsteht dann ein noch viel elitäreres Bildungssystem, bei dem nur noch das Studium an einer Eliteuniversität wirklich zählt.
    Die Politik will aber nicht reagieren. Aufnahmeprüfungen für den Übertritt ins Gymi oder ein Numerus clausus bei den meisten Studiengängen: Das ist verpönt.
    Solange wir ein bestimmtes Bildungsniveau mit einer Matura garantieren können, brauchen wir das gar nicht. Doch wenn die Maturitätsquote immer weiter steigt, dann werden weitere Prüfungen und Tests sowohl für Maturanden als auch für Lehrlinge unumgänglich. Wir beobachten schon heute, dass Unternehmen ihre Lehrlinge gern aus ländlichen Regionen rekrutieren, wo die Zahl der Gymnasiasten geringer und die Durchschnittsqualität der Lehrlinge besser ist.
    «Los emol» – der Podcast der «Basler Zeitung»

    «Los emol» beleuchtet Themen, die Basel bewegen. Moderiert von René Häfliger. Abonnieren Sie den Podcast über Apple Podcasts , Google Podcasts , Spotify oder jede gängige Podcast-App.

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    BLOWUP: To cely je obzvlast komicky v souvislosti se zarputilym bojem nasich levicaku proti privatnimu leteckymu cestovani (chteji zakazat veskery vnitrostatni lety, a dokonce i vnitrokontinentalni) nebo "kvuli zachrane klimatu" zakazali leteckou show pro dva miliony lidi na lidovym festu v Zürichu. Opozice si z nich dela legraci a obratila jejich volebni slogan na "pro nekolik misto pro vsechny", a Nebelspalter si vzpomnel na jeden pozicni papir socialistu ve kterem skvi veta "zatimco pracujici stoji v zacpach, letaji si bohati kolem sveta". Predsedkyne SP organizace pro Zürich ktera zakazala tu show na dotaz po komentari trucovite odmitla reagovat :-)

    BLOWUP
    BLOWUP --- ---
    Nas ministr zdravotnictvi letel s vypujcenou cessnou na vylet pres hranice do Francie, a ponevadz vletel do nejakyho zakazanyho prostoru kolem nejaky vojensky zakladny a nereagoval na vyzvy at tam neleti, tak francouzi poslali dve stihacky a donutili ho pristat :-) Alain berset je ten levicackej pracurak, kterej do televiznich kamer lhal o tom, jak pri pandemii "masky vic skodi nez prinaseji", a kdyz mel privatni aferu s nejakou panickou tak ji nechal zastrasovat tajnou policii aby ho nechala na pokoji a vsechno zustalo utajeny. So what, cüpli-levicak jak z ucebnice halt.

    To se provalilo vcera, dnes uz v radiu hrali nove otextovanou kultovni pisnicku na melodii "Ich nehme noch Campari- Soda", ktera o jeho leteckych dobrodruzstvich vypravi :-)


    Berset vom Himmel geholt – Bis Frankreich Kampfjets losschickt, braucht es ein gröberes Vergehen | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/die-franzoesische-luftpolizei-holt-privatpilot-berset-vom-himmel-866349116495
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    K diskusi o potratech v USA vysel rozhovor s clovekem kterej tohle tema vedecky zkouma. Protoze je to za paywall, zkopiruju to cely.

    AboInterview zur Polarisierung der USA
    «Abtreibung ist wie eine Flagge, die zeigt, welchem Team man angehört»
    Die eine Seite spricht vom Töten von Babys, die andere von der Freiheit der Frauen, über ihr eigenes Leben zu entscheiden: Der Soziologe Ziad Munson über die unversöhnliche Abtreibungsdebatte in den USA.
    Joshua Beer
    Aktualisiert am 25. Juni 2022 um 15:00 Uhr

    Es ist geschehen. Der Supreme Court, das höchste Gericht der USA, hat Roe v Wade gekippt. Damit fällt ein fast fünfzig Jahre alter Präzedenzfall, der Abtreibungen in den USA grundsätzlich erlaubt. Das Entsetzen im blauen Teil der USA – dem liberal-demokratischen – ist gross. Die roten, republikanischen Staaten hingegen haben zum Teil «trigger laws» vorbereitet – scharfe Abtreibungsgesetze, die nun automatisch mit der Aufhebung von Roe v. Wade in Kraft treten. Kaum ein anderes Thema polarisiert die US-amerikanische Gesellschaft in dieser Schärfe. Doch das war nicht immer so.

    Ziad Munson forscht als Soziologieprofessor an der Lehigh University im Osten Pennsylvanias seit vielen Jahren zu sozialen Bewegungen in den USA, insbesondere zur Anti-Abtreibungsbewegung.

    Herr Munson, hat Sie das Urteil des Supreme Courts beziehungsweise der geleakte Entwurf überrascht?
    Nicht wirklich. Die Pro-Life-Bewegung, also die Abtreibungsgegner, arbeiten seit mehr als einer Generation energisch und zielgerichtet auf eine solche Entscheidung hin. Sie ist eines ihrer Kronjuwelen bei den Versuchen, Abtreibung zu verbieten. Allerdings glaube ich, dass die Entscheidung ungewollte Konsequenzen haben wird, speziell für die Republikanische Partei.
    Was meinen Sie?
    Die Pro-Life-Bewegung war seit dem Urteil von Roe v. Wade sehr effektiv darin, reproduktive Rechte – darunter das Recht auf Abtreibung – einzuschränken. Doch die grosse Mehrheit dieser Einschränkungen trifft unverhältnismässig arme Frauen sowie Frauen aus Minderheiten. Das heisst: nicht wirklich die republikanischen Stammwählerinnen. Ein vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen aber – ob landesweit oder in einzelnen Staaten – trifft auch Vorstadtfrauen der gehobenen Mittelschicht, weil vor allem im Süden und Mittleren Westen riesige Gebiete ohne vernünftigen Zugang zu Abtreibungsdiensten entstehen. Und das ist eine Wählerinnenschicht, auf die die Republikanische Partei angewiesen ist.
    Aber wieso dringt das bei den Betroffenen nicht durch?
    In den USA kursieren viele Stereotype über Abtreibungen, die nicht gut zur Realität passen. Etwa der der Teenagerschwangerschaft. Tatsächlich ist ein grosser Anteil der Frauen, die abtreiben, verheiratet oder hat bereits Kinder gehabt. Darum glaube ich, dass es für die Republikanische Partei viel schwieriger sein wird, ihre extreme Pro-Life-Haltung in Zukunft beizubehalten. Wenn sie zu weit geht, riskiert sie Kernwählerschaften.
    Woher stammt Ihr Interesse ausgerechnet an den Gegnern von Abtreibung?
    Konservative Bewegungen fand ich interessant, weil es dazu so viel weniger Forschung als zu linken gab. Es gab gute Forschung zur Pro-Choice-Bewegung, den Befürwortern eines Rechts auf Abtreibung, aber relativ wenig zur Pro-Life-Bewegung. Was mich an Abtreibung speziell interessiert: Als das Thema das erste Mal in den USA aufkam, war gar nicht klar, dass Pro Life die konservative und Pro Choice die liberale Position wird.
    Aus europäischer Sicht wirkt die Abtreibungsdebatte in den USA allerdings unheimlich politisiert und polarisiert.
    Absolut. Doch es gibt eine Vorgeschichte: Abtreibung wurde in den USA politisiert, als sich Mitte der 1980er eine Gruppe von politischen Strategen überlegte, wie sie die Republikanische Partei wettbewerbsfähiger machen kann. Zwar war zu der Zeit Ronald Reagan Präsident, ein Republikaner, doch seine Partei hatte seit langer Zeit keine Mehrheit im Kongress.
    AboHintergrund zur Abtreibungsdebatte
    Wie die religiöse Rechte in den USA zu politischer Macht kam

    Moment, ein Jahrzehnt nach Roe v. Wade? Hat die Polarisierung nicht mit dem Urteil von 1973 angefangen?
    Das ist ein verbreiteter Irrtum. Als das Urteil fiel, begrüssten es mehr Republikaner als Demokraten. Zwar fanden politische Debatten darum statt, aber die hatten nichts mit den beiden Parteien zu tun. Es gab Pro-Life-Demokraten und Pro-Choice-Republikaner. Das hat sich dramatisch umgekehrt, und Teil dieser Umkehrung hängt mit besagter Gruppe von politischen Strategen zusammen, die hinter den Kulissen wirkte.
    Wie muss man sich diese ominöse Gruppe vorstellen?
    Als junge, aufstrebende Funktionäre, vornehmlich katholisch. Darunter war beispielsweise der Konservative Richard Viguerie, der erstmalig automatisierte Mailinglisten als Wahlkampfstrategie anwandte. Sie erkannten im Thema der Abtreibung Potenzial, den Demokraten zu schaden. Deren Wählerkoalition stützte sich nämlich bisher traditionell auf Katholiken, und die bildeten bis in die frühen 1980er-Jahre den Hauptteil der Pro-Life-Bewegung. Also heckte diese Gruppe einen Plan aus und sagte sich: Wir müssen Abtreibung zu einem zentralen Element republikanischer Politik machen, um die Katholiken zu uns herüberzuholen. Gleichzeitig versuchten sie, das Thema etwa über den Fernsehprediger Jerry Falwell auf Protestanten und Evangelikale auszuweiten. Das ist der historische Startpunkt des Polarisierens von Abtreibungen: eine ganz bewusste Entscheidung von Leuten, die Politik verändern wollten.
    Offenbar mit Erfolg.
    Sie schafften es, die Abtreibungsfrage zu einer Art Lackmustest zu machen: Du darfst dich nicht Republikaner nennen, wenn du nicht gegen die Legalisierung von Abtreibungen bist. Die Demokraten zogen nach, auch wenn sie bei der Frage länger eine politische Vielfalt pflegten. Schliesslich aber wurde die Pro-Choice-Haltung zentral für ihre Politik.
    In den späten 1970ern listete die Lobbygruppe «Demokraten für Leben in Amerika» noch mehr als 100 demokratische Abtreibungsgegner im Repräsentantenhaus. Heute zählen sie nur noch einen Abgeordneten. Das scheint Ihre Analyse zu bestätigen.
    Für mich spiegelt das wider, wie wenig Raum in den Parteien für Meinungsvielfalt übrig ist, wenn es um Abtreibungen geht. Dabei kümmert die meisten Wähler dieses Thema an sich nicht viel. Was sie aber kümmert: Abtreibung ist wie eine Flagge, die zeigt, welchem Team man angehört. Es ist zum Sinnbild, zum Symbol dafür geworden, wer man ist, was die eigene Moral, die eigenen Werte sind. Dieses Symbol kann man nur schwer ignorieren, wenn man in die Bundespolitik einsteigen möchte. Heute gibt es ein wenig mehr Pro-Choice-Republikaner als Pro-Life-Demokraten, aber bei Abstimmungen entscheiden sie meistens nach Parteiloyalität.
    Nutzt die Polarisierung nicht am Ende sogar den Parteien?
    Identitätspolitiker beider Parteien profitieren von der Polarisierung, das ist richtig. Doch es gibt auch Warnsignale für beide. Das Risiko für die Republikanische Partei habe ich schon erwähnt. Die Demokraten wiederum müssen um ihre wachsende hispanoamerikanische Wählerschaft fürchten: Diese ist sehr viel häufiger katholisch und tendiert daher zu Pro Life. Donald Trump konnte bereits 2020 seinen Stimmenanteil in dieser Gruppe erhöhen.
    Hat sich die Wahrnehmung darüber, was Abtreibung ist, denn gar nicht geändert seit der Politisierung?
    Das beantwortet zwar nicht ganz Ihre Frage, aber das Spannende an der Abtreibungsfrage ist gerade, wie stabil die öffentliche Meinung dazu ist. Ob Pro Choice oder Pro Life, die Zahlen haben sich seit 50 Jahren nicht wesentlich verändert. Das trifft auf so gut wie kein anderes Thema zu und zeigt, wie stark beide Seiten mobilisieren. Sie betreiben enormen Aufwand – politisch, sozial, moralisch –, um das Thema im Vordergrund und in den Köpfen der Menschen zu halten.
    Die eine Seite spricht vom Töten von Babys, die anderen von einem simplen, medizinischen Eingriff. Meinen die beiden Lager überhaupt dasselbe, wenn sie von Abtreibungen sprechen?
    Ich würde sagen, die Pro-Life-Bewegung hat vielen Republikanern erfolgreich ihr Verständnis eingetrichtert, dass Abtreibungen gleichbedeutend seien mit dem Töten von Babys. Die Pro-Choice-Bewegung hingegen denkt bei Abtreibungen nicht so sehr an ein medizinisches Verfahren, sondern vielmehr an die Freiheit für Frauen, über ihr eigenes Leben zu entscheiden.
    Lässt sich die Debatte denn noch irgendwie entschärfen?
    Man muss Stereotype darüber abbauen, welche Frauen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und warum. Das geht umso besser, je mehr und offener in Familien oder unter Freunden über Abtreibungen gesprochen wird. Eine zweite Sache: Pharmazeutische Schwangerschaftsabbrüche nehmen zu. Wenn sich Frauen zu Hause ein paar Pillen einwerfen, die per Post kommen, macht es das schwieriger für die Pro-Life-Bewegung, ihr blutiges und babyzentriertes Bild von Abtreibungen zu pflegen. Und was für fast alle Debatten gilt: Wir brauchen weniger Parteipolarisierung, denn die lähmt die Politik. Mit der Abtreibungsfrage hat diese Entwicklung angefangen, sie war im Grunde die Spitze des Speeres. Inzwischen sind die Parteien bei allem polarisiert, wir sehen das Gleiche gerade im Waffenrecht. Sie müssen weiter konkurrieren, aber besser sachlich, nicht mehr so ideologisiert. Das würde der Debatte helfen.
    BLOWUP
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    Die Situation ist offenbar schlechter als bisher bekannt. Die zwei neuen Tesla-Fabriken in Deutschland und in Texas verlören derzeit Milliarden Dollar und seien «im Moment gigantische Geldöfen», sagte Musk in einem Interview. «Es ist wirklich wie ein gigantisches Dröhnen, dieses Geräusch von brennendem Geld», fügte er an.

    Musks Probleme mit Tesla – «Ein gigantisches Dröhnen, dieses Geräusch von brennendem Geld» | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/ein-gigantisches-droehnen-dieses-geraeusch-von-brennendem-geld-955911732163
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    Doktorka filosofie se odvazila napsat pravdu o studiu a praxi absolventu spolecenskych ved ;)

    Kommentar zur Hetzjagd auf Dozentin – Denunziation statt Debatte: Wenn die «Guten» ertappt werden, wird gemobbt | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/denunziation-statt-debatte-wenn-die-guten-ertappt-werden-wird-gemobbt-709552909604
    JANOS
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    BLOWUP: Ja jim tam taky hodil Nein a dostal za to cokoladu :)
    BLOWUP
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    Nejvetsi supermarktovy retezec ve Svycarsku je Migros, o kterem plati ze uz od roku 1928 neprodava alkohol. Nedavno vedeni koncernu ktery je organizovan jako druzstvo nechalo hlasovat o tom, zda by nemeli alkohol zacit prodavat. Navrh byl velkou vetsinou zamitnut.

    Kein Alkohol in der Migros – alle Genossenschaften sagen Nein
    Schweiz: Kein Alkohol in der Migros – alle Genossenschaften sagen Nein - 20 Minuten
    https://www.20min.ch/story/kein-alkohol-in-der-migros-alle-genossenschaften-sagen-nein-394804986201
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    GLOBETROTTER: ja pouzivam ze zvyku ve vsech jazycich originalni nazvy.
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    HR oddeleni svycarske banky UBS vydalo seznam zakazanych slov, ktera jsou „toxicky maskulinne konotovana“. Patri mezi ne napriklad „aktivni“, „autonomni“, „rozhodnout“, „intelekt“, „logika“, „nazor“ nebo „sebevedome“.

    Cilem je aby pouziti techto slov v inzeratech zeny neodszrasilo ;)

    Kommentar zu Firmen-Sprachregeln – Diese Wörter sind der UBS zu männlich | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/diese-woerter-sind-der-ubs-zu-maennlich-651996189143
    GLOBETROTTER
    GLOBETROTTER --- ---
    BLOWUP: Nerad Tě opravuju, ale správně česky je v Kostnici, ne v Konstanz :-)
    BLOWUP
    BLOWUP --- ---
    Po pandemii se v Konstanz obchody otykaji s nedostatkem svycarskych zakazniku, kteri se behem lockdownu naucili nakupovat online a z pohodlnosti u tohoto systemu zustali. Obchodnici se pouri a chteji po mestu aby se zatraktivnilo a predevsim opustilo plany uzavrit centrum pro automobilovy provoz

    „ Das grösste Problem sei, dass Teile des Konstanzer Gemeinderats unbedingt eine autofreie Innenstadt wollten. «Dem kann ich nur folgen, wenn es Parkplätze in der Agglomeration gibt» - und zwar in ausreichender Zahl. «Sonst haben wir ein echtes Problem mit der Frequenz.“

    In Konstanz fehlen die Schweizer Kunden – Innenstadt soll nun umgebaut werden
    Sorge bei Ladenbesitzer: In Konstanz fehlen die Schweizer Kunden – Innenstadt soll nun umgebaut werden - 20 Minuten
    https://www.20min.ch/story/in-konstanz-fehlen-die-schweizer-kunden-innenstadt-soll-nun-umgebaut-werden-463090482341
    BLOWUP
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    Finanzkollaps wegen Kryptowährung  – Bitcoin-Crash zieht ein ganzes Land in den Abgrund | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/bitcoin-crash-zieht-ein-ganzes-land-in-den-abgrund-347166526737
    BLOWUP
    BLOWUP --- ---
    Baselbieter Schlappe vor Bundesgericht – Radarkasten mit Rakete zu sprengen, ist «nicht gemeingefährlich» | Basler Zeitung
    https://www.bazonline.ch/radarkasten-mit-rakete-zu-sprengen-ist-nicht-gemeingefaehrlich-110838143977
    BLOWUP
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    Haha :)

    Frau löchert Kondome von Sexpartner – und wird zu 6 Monaten Haft verurteilt
    Sie wollte schwanger werden: Frau löchert Kondome von Sexpartner – und wird zu 6 Monaten Haft verurteilt - 20 Minuten
    https://www.20min.ch/story/frau-loechert-kondome-von-sexpartner-und-wird-zu-6-monaten-haft-verurteilt-403587961693
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